02.03.2017-03.03.2017, Marburg, Herder-Institut
Recent political events have again exposed the key-role of politics of
memory within political developments in Central and Eastern Europe. The
conference will address the possible relationship between current
politics of memory and oral histories. Interviews usually do not only
reflect, but also depend on current political circumstances, as
exemplified by the impossibility to officially practice oral history
during the socialist period or by recent instances of subjugation of
interview projects under current myths, for example glorifying common
national heroes.
With the conference we aim to gain a broad comparative perspective on
the experiences of oral historians in different countries of Central and
Eastern Europe (esp. Russia, Ukraine, Poland, Czech Republic, Romania,
as well as Eastern Germany). We thereby intend to illuminate not only
the history and practice of oral history, but also the general politics
of memory as background and context of scholarly work.
We encourage participants to address the following key questions:
– How can we describe and classify the politics of history of the
respective countries? Do thematic taboos limit the work of historians
and other scholars? In what form and to what extent do governments
exploit oral history for political aims?
– We would like to ask the participants to reflect on the contributions
of oral history to the memory and history of the Second World War, the
Nazi occupation and Stalinism. What types of narratives have resulted?
When narratives of interviewees deviate from authoritative views of
history, how and to what extent can such results be communicated to a
wider public?
– How do interviewees recall the socialist era: as “non-time” (Valeska
Bopp Filimonov), as a time of suffering? What role do idealization and
nostalgia play? Which discourses dominate at what stage? Can we identify
transnational commonalities, or does each narrative follow its own
chronology?
– The practice of oral history of the late and post-socialist era
developed from a marginalized field into an officially established
scholarly method. Which processes of legalization and
institutionalization, but also de-legitimization and marginalization
have taken place after 1991? How can we assess the current status of
oral history in terms of future stability and new risks?
– During significant political events of recent years, such as for
example the “Euro-Maidan” in Ukraine or the Bolotnaya protests in
Russia, interview-projects on current and past events have played an
important role. Under what conditions and with what effects did
participants and scholars conduct, evaluate and publish such
interviews?
The main conference-language will be German, but contributions in
English are also welcome. A part of the presenters will be invited,
another part will be recruited via this CfP. We plan to incorporate
commentaries on papers by experienced experts on oral history and the
politics of memory and to publish selected contributions after the
conference. Funding for travel and accommodation of presenters is
available.
We ask for proposals with a maximum one-page abstract and a short CV
until October 20th, 2016.
Please send proposals to:
Prof. Dr. Julia Obertreis
Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte mit dem Schwerpunkt der
Geschichte Osteuropas, Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg
julia.obertreis@fau.de
and
Dr. Heidi Hein-Kircher
Wissenschaftsforum, Herder-Institut
heidi.hein-kircher@herder-institut.de
Zwischen abweichenden Narrativen und nationaler Loyalitaet: Oral History und Geschichtspolitik im oestlichen Europa
Die politisch turbulenten letzten Jahre haben erneut sehr deutlich
gezeigt, dass Geschichtspolitik und Erinnerungskulturen besonders im
östlichen Europa wichtige Bestandteile aktueller politischer Prozesse
sind. In der geplanten Tagung wird es um die Oral History als eine Sonde
für Geschichtspolitik gehen. Denn das Führen, Auswerten und
Interpretieren von Interviews mit Zeitzeug_innen ist immer wieder zum
Gradmesser politischer Verfasstheit geworden, sei es durch die
Unmöglichkeit, Oral History offiziell zu praktizieren wie in der
spätsozialistischen Zeit oder durch die Indienstnahme von
Interviewprojekten für ein nationales Heldengedenken wie in jüngerer
Zeit.
Unter Einbezug der deutsch-deutschen Erfahrung werden verschiedene
Länder des östlichen Europa (v.a. Russland, Ukraine, Polen, Tschechien,
Rumänien) miteinander verglichen. Dabei sollen zum einen die Geschichte
und Praxis von Oral History-Projekten, zum anderen aber auch die
allgemeine Geschichtspolitik als deren Hintergrund und Rahmen beleuchtet
werden.
Folgende Fragekomplexe stehen im Zentrum:
– Wie steht es um die gegenwärtigen politischen Rahmenbedingungen für
Oral History, wie ist die Geschichtspolitik der einzelnen Länder zu
charakterisieren, welche Einschränkungen ergeben sich etwa durch
thematische Tabus, in welcher Form und wieweit werden Oral
History-Quellen und -Projekte durch Regierungshandeln
instrumentalisiert?
– Welche Beiträge hat Oral History zu Erinnerung und
Geschichtsschreibung bezüglich des Zweiten Weltkriegs, der
nationalsozialistischen Besatzungsherrschaft und des Stalinismus
geleistet, welche Narrative hat sie erarbeitet? Ergeben sich
Abweichungen vom offiziell sanktionierten Geschichtsbild, so stellt sich
die Frage, inwieweit solche unerwünschten Ergebnisse in eine breitere
Öffentlichkeit kommuniziert werden können.
– Wie wird die sozialistische Ära nach 1989/91 erinnert: als
“Nicht-Zeit” (Valeska Bopp-Filimonov), als Zeit des Leidens? Welche
Rolle spielen aber auch Idealisierung und Ostalgie dabei? Welche
Diskurse dominieren in welcher Phase, und sind hier länderübergreifende
Gemeinsamkeiten festzustellen, oder folgt jede Gesellschaft ihrer
eigenen Chronologie?
– Die Geschichte der Oral History in spät- und post-sozialistischer Zeit
kann als Entwicklung von einem Untergrunddasein hin zu offiziell
etablierter wissenschaftlicher Praxis gesehen werden. Welche Prozesse
der Legalisierung und Institutionalisierung, aber auch der
Delegitimierung und Marginalisierung vollzogen sich nach 1991? Wie ist
der heutige Status von Oral History in einem Spannungsfeld von
Stabilität und Gefährdung zu bestimmen?
– Bei den großen politischen Ereignissen der letzten Jahre, z.B. beim
“Euro-Maidan” in der Ukraine oder anlässlich der Bolotnaja-Proteste in
Russland, haben gegenwarts- und geschichtsbezogene Interviewprojekte
eine gewisse Rolle gespielt. Unter welchen Bedingungen und mit welchen
Wirkungen sind Interviewführung, Auswertung und Veröffentlichung
verlaufen?
Die Tagung wird überwiegend in deutscher Sprache stattfinden, aber auch
englischsprachige Beiträge sind willkommen. Einige Referent_innen werden
eingeladen, ein anderer Teil soll durch diesen CfP rekrutiert werden.
Die Referate sollen von erfahrenen Expert_innen der Oral History und der
Forschung zu Geschichtspolitik kommentiert werden. Eine Publikation
ausgewählter Beiträge ist vorgesehen. Die Reise- und Übernachtungskosten
können für Vortragende übernommen werden.
Um Vorschläge mit einem maximal einseitigen Abstract und einem kurzen CV
wird gebeten bis zum 20.10.2016.
Die Vorschläge sind per Email zu richten an:
Prof. Dr. Julia Obertreis
Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte mit dem Schwerpunkt der
Geschichte Osteuropas, Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg
julia.obertreis@fau.de
sowie an:
Dr. Heidi Hein-Kircher
Wissenschaftsforum, Herder-Institut
heidi.hein-kircher@herder-institut.de